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Die Geschichte der Glocken

Das Geläut der Kirche hat eine wechselvolle Geschichte. Bereits im Dreißigjährigen Krieg gingen zum ersten Mal die Glocken verloren, entweder durch die Flammen oder durch Plünderung. 1652 und 1653 kamen zwei neue Glocken in den Turm, die eine aus Mainz, die andere von Creuzenhauer in Frankfurt a.M. Genaueres, auch über ihren späteren Verbleib, ist nicht bekannt.

Eine interessante Information aus dem 18. Jh. findet sich aber über die Stelle des Glöckners: Im Jahre 1796 musste die Stelle nämlich neu ausgeschrieben werden. Gesucht wurde "ein Invalid, der aber noch ein thätiger und rüstiger Mann seyn muß" Die Ausschreibung des Kirchenconsistoriums vom 18. Februar in der Hessen-Darmstädtisch privilegierten Landzeitung folgte - das zeigen Vergleiche mit Ausschreibungen aus gleicher Zeit - einem festen Muster. Aus der detaillierten Besoldungsauflistung lassen sich auch die Aufgaben des Glöckners ablesen, der außer für das Geläut offenbar auch für die Wartung der Turmuhr zuständig war. Demnach wäre die 1873 eingebaute Turmuhr nicht die erste gewesen.

Im ersten Weltkrieg, am 15. Oktober 1917, mußten vom zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Geläut die beiden kleinen Glocken abgegeben werden.

Das Geläut hatte folgende Inschriften:

Große Glocke: "Anno 1763 goß mich Johann Schneidewind in Frankfurt (M) vor die Gemeinde Bischoffsheim am Mayn. Justus Eberhard Henry, Pfarrer. Johann Michel Hessemer, fürstlicher Schultheiss, Johann Leonhard Anthes, Gerichtsschöff."
Durchmesser: 86 cm,
Gewicht: 375 kg.

Mittlere Glocke: "1838 für die Gemeinde Bischofsheim gegossen durch Karl Otto in Mainz. Dazumal von Wilhelm Bonhard, Pfarrer, Johann Dammel, Bürgermeister."
Durchmesser: 74 cm,
Gewicht: 210 kg.

Kleine Glocke: "Ehre sei Gott in der Höhe. Bischofsheim 1877. Ph. H. Bach in Windeicken."
Durchmesser: 67 cm,
Gewicht: 175 kg.

Das Gesamtgewicht des Geläutes betrug 760 kg.

Neue Glocken, Vol. 1

Nach dem ersten Weltkrieg wurden neue Glocken angeschafft, die bei der Glockengießerei Rincker in Sinn gegossen und durch Musikdirektor Müller-Friedberg am 16. Oktober 1924 geprüft wurden. Mit großen Opfern und erheblichen Geldspenden der Bevölkerung war es möglich geworden, sie als Ersatz für die im Krieg geopferten zu beschaffen.

Die Glocken kamen mit der Eisenbahn am 8. November 1924 auf dem Bischofsheimer Bahnhof an. Dort wurden sie auf ein Pferdefuhrwerk verladen und von der Bevölkerung in einem Festzug durch die Ortsstrassen zur Kirche geleitet. Der Festzug führte nicht auf direktem Weg vom alten Bischofsheimer Bahnhof zur Kirche, sondern führte durch einen Großteil des damaligen Ortsgebietes. In der Pfarrchronik ist der Weg festgehalten:

"Samstagmittag 2 Uhr wurden die mit Gierlanden und Blumen geschmückten Glocken ... am Bahnhof abgeholt und dann in festlichem Umzug ... durch einige Straßen (Untergasse, Mainzer- Bismark- Schul- und Frankfurter Straße) zur Kirche geleitet.

Auf dem Kirchplatz verfolgt eine große Menschenmenge das Spektakel der Einbringung der Glocken.

Die neuen Glocken trugen folgende Inschriften:

Große Glocke: "Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen."
Gewicht: 819 kg, Ton fis

Mittlere Glocke, gleichzeitig Gedächtnisglocke: "Niemand hat größere Liebe, denn die, daß er sein Leben lässet für seine Freunde. Zum ehrenden Gedächtnis der im Weltkrieg 1914/18 gefallenen Glieder unserer Gemeinde."
Gewicht: 464 kg, Ton a.

Kleine Glocke: "Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit."
Gewicht: 332 kg, Ton h.

Das Gesamtgewicht der Glocken betrug 1605 kg. Die drei Glocken hatte die Firma F. W. Rincker, Sinn/Dillkreis (heute: Lahn-Dill-Kreis), geliefert.

Im zweiten Weltkrieg mußten die beiden großen Glocken abgeliefert werden, nur die kleine Glocke blieb hier.

Neue Glocken, Vol. 2

An Weihnachten 1950 erfolgte die Einweihung des neuen Geläutes, bestehend aus nun vier Glocken, von denen drei neu angeschafft und die wiederum bei der Firma F. W. Rincker in Sinn gegossen wurden.

Für die vierte Glocke war ein neuer Glockenstuhl erforderlich. Er besteht aus einer Stahlkonstruktion, die auf den Kirchenmauern ruht. Je zwei Glocken sind darin übereinander angeordnet und werden von je einem Elektromotor angetrieben. Die Steuerung erfolgt inzwischen über eine programmierbare elektrische Läuteuhr. Der von außen sichtbare, mit Schiefer verkleidete Glockenstuhl ist also nur eine Ummantelung des eigentlichen Trägers.

Auch die Gelder für diese Glocken wurden von Gemeindegliedern gespendet.
Das jetzige Geläut hat folgende Daten:

1. Glocke Frieden!

"Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen." A 1950 D (Dazu vier Evangeliensymbole.)
Gewicht: 738 kg,
Durchmesser: 1,12 m,
Ton fis.

2. Glocke: Ewigkeit!

"Niemand hat größere Liebe denn die, daß er sein Leben lässet für seine Freunde. Den Gefallenen unserer Gemeinde." A 1950 D
Gewicht: 457 kg,
Durchmesser: 0,94 m,
Ton a.

3. Glocke: Glaube!

"Jesus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit." A 1924 D
Gewicht: 332 kg,
Ton h.

4. Glocke Barmherzigkeit!

"Lasset uns Gutes tun an jedermann, allermeist aber an des Glaubens Genossen." A 1950 D (Dazu Lutherbildnis.)
Gewicht: 190 kg,
Durchmesser: 0,70 m,
Ton d.

Im Dezember 2008 wurde der Holzboden der Glockenstube komplett erneuert und zur Sicherung notwendiger Wartungs- und Reparaturarbeiten die Einstiegsluke mit einer Klappe versehen. Der alte Boden war mit den Jahren an mehreren Stellen morsch geworden, ein Betreten der Glockenstube nur noch mit äußerster Vorsicht möglich.

Etwas mehr als ein Jahr später machte sich diese Investition dann durchaus bezahlt, als im Juni 2010 der mehrere Kilogramm schwere Klöppel der Ewigkeitsglocke direkt unter der Aufhängung brach und - vermutlich während des Abendläutens - auf den Boden krachte. Nicht auszuschließen, dass er den alten Boden durchschlagen, oder aber durch eine der Lücken auf die Kirchendecke gefallen wäre, wobei er sicherlich weitere Schäden verursacht hätte.

Die Firma Höckel-Schneider aus Flörsheim, die seit 2008 mit den Wartungsarbeiten beauftragt ist, reparierte den Schaden, der sich auf rund 870,- € belief, nach wenigen Tagen und ersetzte den defekten Klöppel durch einen Neuen. Durch eine anonyme Spende in gleicher Höhe blieb der Haushalt der Kirchengemeinde unbelastet.

Die Reparatur und das 60-jährige Bestehen des Geläutes nahm der Kirchenvorstand zum Anlass, die bestehende Läuteordnung zu überarbeiten. Dabei ging es vor allem um eine differenzierteren Einsatz der Glocken, wobei auch der jeweiligen Symbolik der Glocken stärker Rechnung getragen werden soll. Vereinheitlicht wird auch das Tagzeitenläuten, das das ganze Jahr über auf 9 Uhr, 12 Uhr und 18 Uhr festgelegt wurde. Die neue Läuteordnung wurde zum Glockenjubiläum im Dezember eingeführt.

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